Jüdisches Museum Frankfurt: Die Geschichte der Gemeinde wird für jedermann zugänglich

Nach fünf Jahren Schließung und Umbau eröffnet das Jüdische Museum Frankfurt im Oktober 2020 mit einer brandneuen Dauerausstellung wieder und lädt die Besucher ein, die Geschichte der Frankfurter Juden anhand ihrer Traditionen und ihres Einflusses auf die Stadt von 1800 bis heute zu entdecken. Und das auf eine interaktive und inklusive Art und Weise! 

Das Team von Tactile Studio wurde kontaktiert, um an der inklusiven Gestaltung dieser erneuerten Ausstellung mitzuwirken: Dank der Einrichtung von taktilen und sensorischen Stationen sowie taktilen Orientierungskarten ist das Museum nun ein einladender Ort für alle Besucher.

Zugänglichkeit, Interaktivität und Sinnhaftigkeit

Wir erstellten 5 taktile Orientierungskarten, die sich in den Eingangsbereichen jeder Etage und in den Gängen des zweiten Gebäudeteils befinden und es den Besuchern ermöglichen, den narrativen Pfad jedes Ausstellungsraums zu verstehen.

Das Museum hat uns auch mit der Kreation und Produktion einer breiten Palette von taktilen Objekten betraut, die Sie während Ihres Besuchs finden werden. Die Themen und Objekte sind vielfältig, repräsentativ für die vielen Fragen, die die Ausstellung aufwirft (religiöse Objekte und ihre Symbolik, berühmte Kunstwerke oder wichtige religiöse Szenen).

Für das Museum geschaffene taktile Arbeit - © JMF, Norbert Miguletz
Für das Museum geschaffene taktile Arbeit - © JMF, Norbert Miguletz
Taktile Station mit Objekten, die bei religiösen Riten verwendet werden - © JMF, Norbert Miguletz
Taktile Station mit Objekten, die bei religiösen Riten verwendet werden - © JMF, Norbert Miguletz

Eine unserer Lieblings-Taststationen zeigt Objekte, die bei religiösen Ritualen verwendet werden. Hier entdecken Sie die Lebensmittel, die einen Ostersederteller ausmachen (dank der auf den Teller geschriebenen Transkriptionen), eine große und beeindruckende Synagogenlampe und einen Challah-Brotteller mit Inschriften in Hebräisch.

Eine weitere Taststation zeigt den Stammsitz der Familie Rothschild in Frankfurt, sowie die prächtige Fassade des Herrenhauses Waddesdon, das in den 1870er Jahren für Baron Ferdinand de Rothschild errichtet wurde. Die Besucher haben die Möglichkeit, die architektonischen Unterschiede zwischen den beiden Häusern zu vergleichen und die Entwicklung des Lebensstils der reichen Familie im Laufe der Geschichte zu kennen.

Taststation des Stammsitzes der Familie Rothschild und Fassade des Herrenhauses Waddesdon - © JMF, Norbert Miguletz
Taststation des Stammsitzes der Familie Rothschild und Fassade des Herrenhauses Waddesdon - © JMF, Norbert Miguletz
Bewegliche Tastplatte eines der Werke des Museums - © JMF
Bewegliche Tastplatte eines der Werke des Museums - © JMF

Schließlich stehen den Besuchern zwei taktile Tafeln zur Verfügung, die aus Transkriptionen von Gemälden im Relief bestehen: Sie können das gesamte Gemälde auf der einen Seite ertasten und die wichtigsten Details dank taktiler Zeichnungen auf der anderen Seite der Tafeln verstehen.

Ein Co-Kreativitätsprozess mit dem Museum

Wir arbeiteten Hand in Hand mit der Institution, während aller Phasen des Designs, der Realisierung und der Produktion der verschiedenen taktilen Orientierungsstationen und Karten

1. Der erste Schritt bestand darin, das Museumsteam über inklusives Design zu schulen und die Bedürfnisse der Besucher zu verstehen. Wir haben dann gemeinsam relevante Vermittlungsthemen ausgewählt, die den Erwartungen aller gerecht werden: sehbehinderte Menschen, Kinder, Familien, Menschen mit eingeschränkter Mobilität…

Besucher beim Entdecken der Ausstellung - © JMF, Norbert Miguletz
Besucher beim Entdecken der Ausstellung - © JMF, Norbert Miguletz
3D-Rendering eines der taktilen Objekte - © Tactile Studio
3D-Rendering eines der taktilen Objekte - © Tactile Studio
3D-Rendering eines der taktilen Objekte - © Tactile Studio
3D-Rendering eines der taktilen Objekte - © Tactile Studio

2. Der zweite Schritt war die Analyse der narrativen Reise der Ausstellung, um deren Inklusivität zu gestalten. Unser Ziel war es, einen starken, intuitiven und lesbaren „roten Fadenfür alle zu schaffen. 

Deshalb haben wir die inklusiven Stationen so strukturiert, dass sie von allen Besuchern schnell erkannt und verstanden werden: Sie wurden alle mit intuitiven Symbolen, identischen blauen Hintergründen gestaltet und alle wichtigen Details wurden in einem helleren Blau hervorgehoben.

Alle Stationen sind zudem mit Braille-Schrift, kontrastierendem Text und taktilen Hinweisen versehen, damit die Besucher die tatsächlichen Dimensionen der Objekte verstehen können.

Auch die Gestaltung der Taststationen ist so durchdacht, dass sie sich perfekt in das Design der Ausstellung und die narrative Reise des Museums einfügt.

3. Der dritte Schritt war, die Stationen in unserer Werkstatt zu produzieren – mit einer hochwertigen Verarbeitung – und vor Ort zu installieren.

Christelle, Modellbauerin, stellt eines der taktilen Objekte für das Museum fertig - © Tactile Studio
Christelle, Modellbauerin, stellt eines der taktilen Objekte für das Museum fertig - © Tactile Studio
Taktile Orientierungskarte am Eingang eines der Museumsräume - © JMF, Norbert Miguletz
Taktile Orientierungskarte am Eingang eines der Museumsräume - © JMF, Norbert Miguletz

4. Der vierte und letzte Schritt wird die Auswertung des Projekts sein: Wir werden bald ein Feedback von den Besuchern und dem Museumsteam erhalten, das es allen an der Mission Beteiligten ermöglicht, wichtige Lehren für zukünftige Projekte zu ziehen.

Um die gesamte Ausstellung noch zugänglicher zu machen, kontaktierte uns das Museum nach der Eröffnung erneut, um einen taktilen Orientierungsplan zu erstellen, der es den Besuchern ermöglicht, das Design des Gebäudes und den gesamten Erzählpfad der Ausstellung bereits bei ihrer Ankunft zu verstehen!

Kunde: Jüdisches Museum Frankfurt
Partner: WAM / Empreinte / SPACE4

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